Unesco-Berater: Nein zur Brücke

Seit Jahrzehnten sehnen sich die Menschen im Mittelrheintal nach einer Rheinbrücke. Die geplante Verbindung soll nicht nur das Zusammenleben zwischen Taunus und Hunsrück erleichtern, nach Auffassung aller Experten ist sie unverzichtbar für wirtschaftlichen Erfolg, eine gute Zukunft ohne Rheinquerung ist somit undenkbar.

RHEIN-LAHN. Einer Rheinbrücke, aber auch einer möglichen Tunnelalternative im Mittelrheintal hat der Internationale Rat für Denkmalpflege (Icomos) als Unesco-Berater eine Absage erteilt. Icomos-Präsident Michael Petzet hält eine Brücke für einen „unmöglichen Gedanken“. Auch eine Tunnellösung hält er für problematisch, die Zufahrten könnten das Erscheinungsbild ruinieren. Petzet drohendes Fazit: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass man in der Region den Status des Welterbes riskieren will.“ Das Nein der Icomos zur Rheinquerung löst bei Vertretern aus Politik und Wirtschaft Wut, Enttäuschung und Fassungslosigkeit hervor. Bernhold Zorn, Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz und Geschäftsführer der weltweit erfolgreichen Maschinenbaufirma Erlenbach aus Lautert, untermauert die Notwendigkeit einer Rheinquerung: „Das Icomos-Nein ist absolut nicht nachvollziehbar. Hier fehlt jegliche Affinität zur Region und unseren wirtschaftlichen Bedingungen.“ Auch Landrat Günter Kern spricht Klartext: „Die Art und Weise, wie Icomos den Weg der sachlichen Diskussion verlassen hat, macht mich wütend.“ Der Landrat macht auch auf Fehler in der schwachen Argumentation der Denkmalpfleger aufmerksam: „Wir reden nicht über eine Brücke an der Loreley, sondern über ein einige Kilometer entferntes Bauwerk. Es ist auch falsch, dass vor allem die Kommunalpolitik die wirtschaftliche Bedeutung einer Brücke anführt. Vielmehr sind es Handwerkskammer und IHK, die unermüdlich deutlich machen, wie unverzichtbar eine Rheinquerung für das Wohl unserer Region ist.“

Innen-Staatssekretär Roger Lewentz, der sich seit Jahren leidenschaftlich für eine Rheinquerung engagiert hat, kann die Vorgehensweise des Icomos nicht verstehen: „Hier wird zum falschen Zeitpunkt Öl ins Feuer gegossen. Wir setzen auf einen guten Dialog mit der Unesco, die sich in den kommenden Wochen im Mittelrheintal selbst ein Bild machen will.“

Der Diezer CDU-Landtagsabgeordnete Matthias Lammert kann die ablehnende Icomos-Haltung nicht nachvollziehen. „Wir brauchen Brücke oder Tunnel, für beide Varianten gibt es Vorschläge, die meiner Überzeugung nach mit dem wertvollen Welterbe-Status vereinbar sind.“ Lammert macht aber auch deutlich, dass „das Welterbe nicht zu einer Käseglocke für die Region werden darf. „Wenn es dazu führt, dass wir nicht einmal einen Tunnel bauen dürfen, dann wird es fraglich.“ Seine sozialdemokratischen Landtagskollegen David Langner (Koblenz) und Frank Puchtler (Oberneisen) fordern unverändert eine Querung: „Sie ist für die Region aus menschlichen und wirtschaftlichen Gründen unverzichtbar. Und wir sind uns sicher, dass sie mit dem Welterbe vereinbar ist.“

Politik und Wirtschaft der Region hoffen, dass die Unesco eine Brücken- oder Tunnellösung im Welterbe Oberes Mittelrheintal doch noch akzeptiert. Eine Hoffnung, die nach den Äußerungen Petzets etwas geringer geworden ist. Bis jetzt hat sich nur Josef Winkler, Bad Emser Bundestagsabgeordneter der Grünen, positiv zu den Icomos-Aussagen geäußert: „Ich fühle mich in meiner Einschätzung bestätigt und trete nach wie vor für einen 24-Stunden-Fährbetrieb ein. Dies ist der am schnellsten zu realisierende Weg zu einer stabilen Verbindung.“(za)

Rhein-Lahn-Zeitung – Ausgabe Bad Ems, Lahnstein vom 23.01.2008

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